"Sparen"? - Vom
Können und Wollen der Coesfelder Politik
(November 2010)
Sehr geehrte Damen und Herren,
in einem mehrmonatigen Beratungsmarathon haben die Coesfelder Parteien
den Versuch unternommen, die Probleme des städtischen Haushalts in
den Griff zu bekommen. Schließlich stellten sie das Ergebnis
ihrer interfraktionellen Arbeitsgruppe am
16.11.2010 in einer gemeinsamen Pressekonferenz vor.
Grundsätzlich ist festzustellen:
Dieses Vorgehen war richtig. Auch wenn es in vielen Details
unterschiedliche Auffassungen gibt, so gibt es keine Alternative, als
gemeinsame Lösungsansätze für die Haushaltsprobleme zu
finden. Der gemeinsame Konsens lautet: Alle möglichen
Konsolidierungmaßnahmen gehören auf den Prüfstand,
"tabulos" müsse über alle städtischen Aufgaben und
Ausgaben nachgedacht und geredet werden
können.
Erst Sparen, dann
Steuern erhöhen! Diesen Konsens
müssen die Coesfelder Parteien nun unter allen Umständen
bewahren, sonst führen die Konsolidierungsmaßnahmen nicht
zum Ziel.
Die rabiateste
"Konsolidierungmaßahme": Der Griff in des Bürgers Tasche ...
Erst sollen Sparvorschläge verwirklicht werden, so versprechen
alle im Rathaus vertretenen Parteien. Doch schon jetzt redet die
große Mehrheit davon, man werde
"nicht
umhin
kommen", die kommunalen Steuern drastisch zu erhöhen.
Folgende Steuererhöhungen werden ins Auge gefasst:
- Erhöhung der Grundsteuer A
(gilt in erster Linie auf landwirtschaftliche Flächen) in zwei
Schritten:
- Erhöhung des Hebesatzes von 224 v.H. auf 240 v.H. ab 2011 - entspricht einer
Erhöhung um 7,1 %)
- Weitere Erhöhung des Hebesatzes auf 250 v.H. ab 2013 - beides zusammen
entsprichechen einer Erhöhung um 11,6 %)
- Erhöhung der Grundsteuer B
(gilt für bebaute bzw. bebaubare Grundstücke) in zwei
Schritten:
- Erhöhung des Hebesatzes von 393 v.H. auf 495 v.H. ab 2011 - entspricht einer
Erhöhung um 26 %)
- Weitere Erhöhung des Hebesatzes auf 550 v.H. ab 2013 - beides zusammen
entsprechen einer Erhöhung um stolze 40 %)
- Erhöhung der Gewerbesteuer
in zwei Schritten:
- Erhöhung des Hebesatzes von 420 v.H. auf 435 v.H. ab 2011 - entspricht einer
Erhöhung um 3,6 %)
- Weitere Erhöhung des Hebesatzes auf 450 v.H. ab 2013 - beides zusammen entspricht
einer Erhöhung um 7,1 %)
- Erhöhung der Hundesteuer
um rund 10 %
Die
Konsolidierungsvorschläge der
Verwaltung: Erste Schritte in die richtige Richtung
Seitens der Verwaltung wurde eine umfangreiche Liste an
Vorschlägen unterbreitet, wie aus ihrer Sicht gespart werden
könnte.
Eine Reihe dieser Sparideen kann die Stadtverwaltung von sich aus
umsetzen,
ohne
dafür einen politischen Beschluss einholen zu müssen.
(Zwei Beispiele: Die Verwaltung könnte zur Finanzierung ihrer
Broschüren und anderer Veröffentlichungen Werbeanzeigen
aufzunehmen. Oder: Durch Verbesserungen in der Bewirtschaftung der
städtischen Kredite könnten jährlich 120.000 € an
Kreditzinsen eingespart werden! ) Insgesamt 82
Vorschläge dieses Kalibers mit einem jährlichen
Konsolidierungsvolumen zwischen 600.000 € (im Jahr 2011) und fast
1.400.000 € (im Jahr 2015) hat die Verwaltung vorgelegt. Ihre Umsetzung
liegt
allein im Ermessen der
Verwaltung, denn dahinter steht nichts weiter als die ganz
normale Wahrnehmung der Aufgaben, die sie zu erfüllen hat.
Das Interessante an diesen
Konsolidierungsvorschläge liegt in folgendem Punkt: Sie beweisen,
dass die FDP mit
ihrer seit Jahren erhobenen Forderung, der Verwaltung eine pauschale
Sparvorgabe zu erteilen (bisherige FDP-Forderung: jährlich 4 % auf
den Umfang der beeinflussbaren Aufwendungen) absolut richtig gelegen
hat.
Die Verwaltung kann in eigener
Regie sparen
- wenn sie will, und wenn sie muss! Sie hat seitens der FDP
dafür
jede Unterstützung!
Ein paar Wertmutstropfen bestehen insofern, als die Ernsthaftigkeit
einiger Sparvorschläge nicht unbedingt ersichtlich ist. So
wird z.B. vorgeschlagen, Lizenzen für nicht mehr benötigte
Computer-Software zu kündigen ("Einspar"-Volumen: 3.820 € in jedem
Jahr). Oder: Es könnte darauf verzichtet werden,
Büromöbel anzuschaffen, wenn keine neuen Möbel
benötigt werden ("Einspar"-Volumen: 16.000 € pro Jahr). - Ist es
bislang wirklich so, dass überflüssige Lizenzgebühren
über Jahre hinweg weitergezahlt, dass Büromöbel
angeschafft werden, die niemand braucht? ...
Gemeinsame
Sparvorschläge, die
der politischen Beschlussfassung durch die Ratsgremien bedürfen
Eine weitere Reihe von Sparvorschlägen, auf die sich
interfraktionelle Arbeitsgruppe verständigt hat, müssen
allerdings von den Ratsgremien (zuständige Ausschüsse und
schließlich Stadtrat) beschlossen werden. Sie erstrecken sich von
den Modalitäten des Stadtempfangs über die Reduzierung
eigener Kulturveranstaltungen bis zu Reduzierung von Zuschüssen an
die verschiedenen sozialen, kulturellen oder Sportvereine.
Hinzu kommen weitere Konsolidierungsvorschläge, über die
zwischen den Parteien kein Konsens erzielt werden konnte. Sie werden
als Einzelvorlagen in die jeweiligen Fachausschüsse eingebracht.
Gebührenerhöhungen
Andere Konsolidierungsvorschläge sind keine
Sparvorschläge, sondern in Wirklichkeit
Gebührenerhöhungen. Einer Reihe dieser Vorschläge
kann sich auch die FDP anschließen, denn für gute Leistungen
kann
auch eine entsprechende Gebühr verlangt werden (Beispiele:
Sondergebühr für Trauungen in Lette, Erhöhung von
Bauaufsichtsgebühren, Erhöhung der Gebühren für
Leistungen des Baubetriebshofes).
Andere Gebührenerhöhungen werden auch von der FDP kritisch
gesehen. So wissen wir aus dem jüngsten Einzelhandelsgutachten,
dass unsere Stadt nur noch schwer an Attraktivität hinzugewinnen
kann. Somit besteht eher die Gefahr, Attraktivität zu verlieren,
z.B. indem zu hohe Parkgebühren die auswärtige Kundschaft
abschreckt.
Halbherzige
Sparvorschläge?
"Nur mit Sparmaßnahmen
können wir den Haushalt nicht konsolidieren", so lautet die
übereinstimmende Aussage aller Parteien - außer der FDP. Die
bisherigen Sparmaßnahmen schöpfen noch lange nicht das
mögliche Sparpotential aus.
Was unangenehm aufstößt, ist die Tatsache, dass alle
Sparvorschläge der FDP bei den anderen Parteien bislang
schlichtweg
ignoriert werden. Statt dessen setzen alle Parteien -
einschließlich Pro Coesfeld! - letztlich auf
Steuererhöhungen - und das, obwohl
die FDP ihre Ansätze schon seit
Monaten den Parteien schriftlich vorgetragen und auch in diversen
Fachausschusssitzungen vertreten hat. Von wegen
"alles gehört
tabulos auf den Prüfstand" ...
Bisher nicht
berücksichtigt: Sparvorschläge der FDP
Die Konsolidierungsvorschläge der FDP lauten wie folgt:
- Coesfeld braucht einfache
Bebauungspläne und einfache Gestaltungssatzungen: Die
Realität sieht heute wie folgt aus:
- Viele Bebauungspläne einschließlich ihrer
gestalterischen Festsetzungen sind höchtkomplizierte Regelwerke.
- Die sehr engen Regelungen ärgern nicht nur die betroffenen
Bürger, sondern verlangen auch viel Arbeitseinsatz seitens der
Verwaltung, denn
- komplizierte Pläne werden nicht nur aufwendig geplant,
sondern
- komplizierte Pläne müssen auch aufwendig umgesetzt
werden.
- Schließlich muss ihre Umsetzung (einschließlich
der vielen Details) kontrolliert werden
- und jeder spätere Bau- oder Umbauantrag, den ein
Bürger stellt, muss mit demselben Aufwand bearbeitet werden.
- Mit diesen Arbeiten werden in der Stadtverwaltung viele
hochbezahlte Verwaltungsfachkräfte beschäftigt. Ihre
Arbeitskraft ist mit Kleinkram und der Arbeit an unsinnigen
Detailbetrachtungen gebunden und steht für andere städtische
Aufgaben nicht zur Verfügung.
- Und nicht nur das: Der Aufgabenberg ist im Bereich des Bau- und
Planungsamtes dermaßen angewachsen, dass zahlreiche Arbeiten
für teures Geld an externe Planungsbüros vergeben werden. Es
könnte sogar passieren, dass schon bald die Amtsleitungen darauf
drängen, zusätzliche Mitarbeiter einzustellen, um den
Arbeitsaufwand zu bewältigen ...
Die
FDP meint: Hier kann die
Stadt sparen, oder besser:
Hier
muss
die
Stadt
sparen! Je einfacher die Festsetzungen eines
Bebauungsplanes oder einer Gestaltungssatzung, umso weniger Arbeit hat
die Stadtverwaltung damit - und der Bürger freut sich obendrein
über das Weniger an behördlicher Bevormundung! (Jüngste
Beispiele für unnötig komplizierte Planungen:
Promenade und
Druffels Feld - bitte "anklicken")
- Bei künftigen Haushaltsberatungen wird als erster Schritt
festgelegt, wieviel Geld ausgegeben werden soll. Erst dann wird die
Verwaltung beauftragt, einen Haushaltsplanentwurf aufzustellen.
Die bisherige Realität sieht genau
entgegengesetzt aus. Bislang stellt der Kämmerer im ersten Schritt
den Haushaltsplanentwurf auf. Wenn sich dann herausstellt, dass die
Wünsche der Verwaltung bezüglich der bereitzustellenden
Mittel zu hoch sind, bekommt die Politik den "schwarzen Peter"
zugeschoben - und ist dann i.d.R. überfordert, konkrete und vor
allem wirkungsvolle Sparvorschläge zu machen.
Eine Umkehr dieses Verfahrens - erst in Form von "Eckwerten" festlegen,
was die Stadt ausgeben will, und dann den Haushalt aufstellen -
führte zu einem kostenbewussteren Verhalten, sowohl bei der
Politik als auch bei der Stadtverwaltung. (Bei diesem Ansatz der
Haushaltsaufstellung handelt es sich um das sogenannte
"Gegenstromprinzip", das von der Verwaltungswissenschaft als ein den
modernen politischen Steuerungsmodellen angemessenes Prinzip für
die Haushaltsaufstellung empfohlen wird.)
- Coesfeld verzichtet auf
überflüssige Luxusprojekte.
Ein Beispiel: Derzeit betreibt
die Stadt Coesfeld eine Imagekampagne zum Thema "fahrradfreundliche
Stadt." Das Fahrradfahren soll mit verschiedenen Maßnahmen -
Broschüren, Aktionstage, Fottowettbewerb etc. - stärker
empfohlen und gefördert werden.
Die Kehrseite der Medaille: Coesfeld ist bereits eine sehr
fahrradfreundliche Stadt. Ca. 30 % des rollenden Verkehrs ist bereits
heute Fahrradverkehr, und damit ist Coesfeld mit weitem Abstand die
"Nummer 2" als "Fahrradstadt" im gesamten Münsterland.
Auf solche Aktionen kann unsere Stadt verzichten! Sie bindet nur viele
hochbezahlte Fachkräfte, die somit mit ihrer Arbeitskraft nicht
für die eigentlichen Aufgaben unserer Stadt zur Verfügung
stehen! (Wer zum Thema "fahrradfreundliche Stadt" weiter nachlesen
möchte: Bitte
hier
"klicken"!)
- Schließlich muss auch Coesfeld ein Personalkonzept
aufstellen, in dem die Entwicklung des Personalbestandes
festgeschrieben wird. Folgende Gesichtspunkte sind der Coesfelder FDP
von besonderer Wichtigkeit:
- In Zeiten leerer Kassen dürfen freigewordene Stellen nicht
wiederbesetzt und erst recht keine neue Stellen geschaffen werden.
- Mittelfristig muss darauf geachtet werden, dass angesichts
einer
zurückgehenden Bevölkerungszahl auch die Zahl der
Verwaltungsbediensteten angepasst wird.
- Überregional muss darauf hingewirkt werden, dass kommunale
Aufgaben in kooperativer Form erfüllt werden. Nicht jede Gemeinde
braucht ein eigenes Bauamt, eine eigene Personalabteilung, einen
eigenen Bauhof usw.!
Die FDP wird in den nächsten Monaten entsprechende Anträge in
die zuständigen Fachausschüsse einbringen.
Ihre
FDP-Stadtratsfraktion