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Wolfgang Kraska (FDP):
Haushaltsrede 2011
- es gilt das gesprochene Wort -

(31.03.2011)

Das Wichtigste in Stichworten:


FDP-Fraktionssprecher Wolfgang KraskaHerr Bürgermeister, meine Damen und Herren,

das vergangene Jahr war von der Frage geprägt, wie wir sparen und den Haushalt konsolidieren können. Diese Aufgabe sollte eine interfraktionelle Arbeitsgruppe vorbereiten. Wir, die FDP, haben diese Arbeitsgruppe gern und mit Überzeugung unterstützt, nicht nur, weil wir schon seit Jahren auf die Notwendigkeit einer sparsameren Haushaltsführung hinweisen, sondern auch, weil es der Versuch war - zumindest sah es so aus - über die Parteigrenzen hinweg für das Wohl unserer Stadt zu arbeiten und in der schwierigen Frage der Finanzen Lösungen zu finden.

Die beschlossenen Erhöhungen der Gewerbesteuer und der Grundsteuern haben wir von Anfang an nicht mitgetragen. Aber wir fühlen uns bis jetzt den gemeinsamen Ergebnissen der Arbeitsgruppe verpflichtet, so dass wir die übrigen Spar- und Konsolidierungsvorschläge mitbeschlossen haben.

Aber jetzt werden wir den Haushaltsplanentwurf 2011 ablehnen, und zwar aus folgenden Gründen:


Fahrlässiger Umgang mit dem städtischen Vermögen

Schon Mitte des vergangenen Jahres haben Sie, Herr Bürgermeister Öhmann, der interfraktionelle Arbeitsgruppe verschiedenes Zahlenmaterial vorgerechnet. Mit eindrucksvollen Statistiken und Zahlenbeispielen hatten Sie an die Wand gemalt, in welches finanzielles Desaster unsere Stadt käme, wenn wir nicht die Steuern erhöhen würden. 6,2  Millionen Euro, so Ihre Prognose, hätte das Defizit im Jahr 2011 betragen können, weitere Defizite in Millionenhöhe würden sich in den Folgejahren anschließen. Auch die aktuelle Höhe der Ausgleichsrücklage können Sie stets genau angeben - und Sie sagen uns, dass wir diesen Aussage vertrauen dürften ...

Das würden wir gern tun, aber der Stadtrat ist nicht gewählt, um vertrauensvoll die Augen zu schließen, wenn andererseits die Probleme Überhand nehmen. Wir, die FDP, würden das Zahlenmaterial, das Sie uns vorlegen, auch gern überprüfen und nachvollziehen.

Aber: Wenn wir dann nachfragten, wenn wir um weitere Zahlen gebeten hatten, dann wurden wir regelmäßig belehrt, dass das völlig unmöglich sei! Da es ja noch keine Jahresabschlüsse für die vergangenen Jahre gäbe, könne man auch noch keine zuverlässigen Zahlen ausrechnen! Dieser Sachverhalt ist nicht nur merkwürdig, sondern zudem sehr ärgerlich: Sie, Herr Bürgermeister, rechnen uns Ihre Zahlen auf den Cent genau vor und bitten um Vertrauen. Aber wenn wir zum Beispiel wissen wollen, wie hoch denn nun die Abschreibungen in den Jahren 2007 bis 2010 sind, oder wie hoch die gegenzurechnenden Erlöse aus der Auflösung von Sonderposten in etwa sind, bleiben unsere Fragen unbeantwortet, weil die Jahresabschlüsse noch nicht vorliegen und folglich keine Aussagen möglich seien. Und wenn wir dann nachfragen, wann endlich die Jahresabschlüsse kommen, können oder wollen Sie noch nicht einmal ansatzweise einen Termin in Aussicht stellen.

Hiermit sind wir bei einem ganz wesentlichen Punkt unserer Ablehnung, denn diese Praxis ist absolut inakzeptabel! Wir haben den 31. März 2011. Doch bis heute haben Sie für keines der Jahre 2007, 2008 2009 und 2010 einen städtischen Jahresabschluss vorgelegt. Damit hat der hier vorliegende Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2011 keinerlei finanziell tragbaren Hintergrund!

Sie verstoßen nicht nur permanent gegen die Gemeindeordnung, Herr Bürgermeister! In der Gemeindeordnung ist eindeutig festgelegt, innerhalb welcher Frist der Jahresabschluss dem Rat vorzulegen ist. In § 95 (2) sagt die Gemeindeordnung unmissverständlich aus: "Der Entwurf des Jahresabschlusses wird vom Kämmerer aufgestellt und dem Bürgermeister zur Bestätigung vorgelegt. Der Bürgermeister leitet den von ihm bestätigten Entwurf innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres dem Rat zur Feststellung zu." Gegen diese Bestimmungen verstoßen sie nun schon seit Jahren.

Sie verletzen damit nicht nur Ihre Informationspflicht gegenüber dem Rat und der Bürgerschaft. Aus kaufmännischer Sicht handeln Sie zudem fahrlässig, denn wider besseren Wissens schieben Sie das Problem der nicht vorhandenen Jahresabschlüsse weiter vor sich her. Vom Bürger erwarten Sie, dass dieser "richtig" handelt, dass er pünktlich und natürlich vollständig seine Steuern bezahlt, aber Sie selbst planen und wirtschaften munter vor sich hin, ohne dass die tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten des Haushalts bekannt und beschlossen sind. Dieser Fahrlässigkeit, dieser Nonchalance im Umgang mit dem Vermögen unserer Stadt können und werden wir nicht weiter zusehen!


Inhaltliche Probleme dieses Haushalts

Die Diskussionen um die drohenden Defizite nehmen immer kuriosere Züge an. Im vergangenen Jahr, als Sie, Herr Öhmann, die Steuern erhöhen wollten, hatten Sie mit Ihren Zahlen den Teufel an die Wand gemalt. Demnach drohten uns jährliche Defizite, die bis über sechs Millionen Euro betragen könnten und die finanzielle Handlungsunfähigkeit unserer Stadt nach sich ziehen würden.


Steuererhöhungen: So wurde Coesfeld "veräppelt"Wir, die FDP, haben schon damals diese Schwarzmalerei nicht mitgemacht und die Steuererhöhungspläne von Anfang an abgelehnt. Schon im Herbst war erkennbar, dass die wirtschaftliche Flaute zu Ende geht, dass ein eine kräftige wirtschaftliche Erholung - und damit einhergehend eine entsprechende Verbesserung bei den städtischen Einnahmen - bereits deutlich im Gange war. Jetzt zeigt sich immer mehr, wie richtig unsere damalige Einschätzung war.
Doch zurück zu den Ereignissen des vergangenen Jahres: Sie, Herr Bürgermeister, hatten damals die interfraktionelle Arbeitsgruppe benutzt, um möglichst alle Parteien hinter Ihren Steuererhöhungsplänen zu versammeln. Mit einer Mehrheit von CDU, Grünen und SPD setzten Sie dann durch, die Gewerbesteuer, die Grundsteuer A und die Grundsteuer B zu erhöhen, was in diesem Jahr zu einer Einnahmeverbesserung von etwa 1,4 Millionen Euro führen sollte. Insgesamt betrug das Konsolidierungsvolumen, das aus der interfraktionellen Arbeitsgruppe hervorging, etwas über 2 Millionen Euro. Dieser Erfolg sollte im Dezember 2010 ausreichen, um angesichts der drohenden horrenden Defizite das Schlimmste abzuwenden.

Doch dann kam plötzlich alles ganz anders. Einen Tag vor Heiligabend kündigte die Landesregierung völlig überraschend an, die Landeszuweisungen um ganze 4 Millionen Euro zusammenzustreichen. Damit fehlt mit einem Schlag fast doppelt so viel Geld im Coesfelder Haushaltsplan, als die eigenen Konsolidierungsbemühungen erbracht hatten.

Eigentlich müsste jetzt die finanzielle Situation unserer Stadt doch viel schlimmer sein als jemals zuvor! Eigentlich müsste jetzt erst recht die Notwendigkeit bestehen, sich zusammenzusetzen, um gemeinsame Lösungen zu suchen! Doch innerhalb weniger Wochen passierte offenbar ein Wunder! Plötzlich war in der Allgemeinen Zeitung zu lesen, dass die ganze Lage eigentlich gar nicht so schlimm sei! Im Gegenteil: Auf einmal steht Coesfeld finanziell so gut da, dass wir bereits in diesem Jahr vielleicht sogar den Haushaltsausgleich geschafft hätten, wenn ... ja wenn die böse Landesregierung nicht so unverschämt bei den Landeszuweisungen zugegriffen hätte!

Ja, was sollte denn nun diese Botschaft bedeuten? War in Coesfeld wirklich ein finanzielles Wunder geschehen?

Warum hatten wir im Dezember eigentlich die Steuern erhöht?

Mir drängt sich der Eindruck auf, dass es Ihnen, Herr Bürgermeister, niemals um echte Ersparnis gegangen ist. Ich komme nicht umhin, bei Ihnen und Ihren engeren Verwaltungsmitarbeitern folgende Gedankengänge zu vermuten: "Lassen Sie uns angesichts der gerade überstandenen Krise die Steuern erhöhen, damit schaffen wir und ein finanzielles Polster und können noch ein paar Jahre in demselben Trott weitermachen wie bisher, und wenn dann der Aufschwung und damit noch mehr Geld in die Kasse kommt, dann können wir das auch noch als unseren Erfolg verbuchen!" Doch dann kam die böse Landesregierung und strich uns von einem Tag auf den anderen 4 Mio. Euro zusammen, und die schöne Steuererhöhung fließt direkt nach Düsseldorf, um dort andere Löcher zu stopfen.

Und was machen Sie jetzt? Jetzt, wo eigentlich wirklich Not am Manne sein müsste, unternehmen Sie gar nichts! Jetzt, wo wirklich gespart werden müsste, wo wir abseits aller Parteipolitik endlich richtige (!) Spar- und Konsolidierungsmaßnahmen angehen müssten, da verweigern Sie sich mehrheitlich dem Gespräch! Mit den Konsolidierungsbemühungen der bisherigen interfraktionellen Arbeitsgruppe hat unsere Stadt noch lange nicht die notwendigen Hausaufgaben gemacht. Weitere, richtige (!) Ersparnisse in der Verwaltung selbst (!) sind notwendig, damit unsere Stadt dauerhaft gesund und leistungsfähig bleibt.


Das Ziel: Leistungsfähig und bezahlbar bleiben!

Auch ohne die Einnahmeverschlechterungen, die uns die Landesregierung beschert hat, stehen wir vor einem ganz anderen Problem:
Diese mittelfristige Aufgabe müssen wir jetzt bereits in Angriff nehmen. Wir wissen doch: Wir können und wollen nicht einfach so Mitarbeiter entlassen. Also müssen wir schon heute konsequent daran arbeiten, in unserem städtischen Zuständigkeitsbereich die Aufgaben der Verwaltung so festzulegen, dass sie künftig von weniger Mitarbeitern geleistet werden können.

Schon letztes Jahr hatten wir diese Dinge angesprochen. Warum müssen Bebauungspläne so unendlich komplex und kompliziert ausgearbeitet werden, um nur ein Beispiel zu nennen?! Doch auf diese Fragen sind Sie - Bürgermeister und übrige Ratsfraktionen - überhaupt nicht eingegangen!

Zu diesem Zweck hatten wir die Fortführung der interfraktionellen Arbeitsgruppe beantragt, denn diese Aufgabe ist zu wichtig, zu verantwortungsvoll und zu komplex, um sie dem parteipolitischen Alltagsgeschäft zu überlassen. Doch die Mehrheit in diesem Stadtrat - Ausnahme war die Fraktion von Pro Coesfeld - hat die Fortführung der interfraktionellen Arbeitsgruppe abgelehnt.

Die Verwaltung selbst rät von einer solchen Arbeitsgruppe ab - kein Wunder! Denn von richtigen (!) Sparmaßnahmen in der Arbeit unserer Verwaltung wollen sie ja gar nichts wissen! Doch Sie, werter Herr Bürgermeister und werte Verwaltungsspitze, werden nicht umhin kommen darüber nachzudenken, die Aufgabenstandards zu überprüfen und die Verwaltung von Arbeit zu entlasten, damit mittelfristig der Verwaltungsaufwand reduziert werden kann. Auch ohne die augenblickliche schwierige finanzielle Situation wird es erforderlich sein, den Umfang unserer Verwaltungskosten zu senken, damit bei künftig sinkender Bevölkerungszahl unsere Stadt leistungsfähig und unsere Stadtverwaltung bezahlbar bleibt!

Wenn Sie also das Richtige tun wollen, Herr Öhmann, dann fangen Sie jetzt an! Aber Sie müssen ans "Eingemachte", Herr Öhmann! Das ist das Gebot der Stunde!

Worauf warten Sie also? Dass in Düsseldorf bei der Landesregierung der Blitz einschlägt? Oder warten Sie jetzt auch auf den wirtschaftlichen Aufschwung?