Haushalt 2008 - "Sparen" geht anders, Herr
Bürgermeister!
(Februar 2008)
Sehr geehrte Damen und Herren,
am 28.02.2008 beschloss der Rat der Stadt Coesfeld den städtischen
Haushalt für das Jahr 2008. Mit diesem Beschluss hat der Rat
(einfach ausgedrückt) festgelegt, für welche
öffentlichen Aufgaben die Stadt ihr Geld verwenden soll.
Die FDP hat - wie auch
Pro Coesfeld - den Haushalt abgelehnt.
Insbesondere ein Grund führte bei der FDP zu dieser Ablehnung: Der
mangelnde Sparwille.
Coesfeld muss sparen!
Schon seit vielen Jahren lebt unser Staat - und mit ihm auch die Stadt
Coesfeld! - über seine Verhältnisse. Stets wurde das Geld bis
zum letzten Pfennig bzw. bis zum letzten Cent ausgegeben, ohne jeden
Gedanken an die Zukunft. Doch die ehemaligen Prestigeobjekte sind in
die Jahre gekommen, zahlreiche Gebäude bedürfen einer
Sanierung, zahlreiche freiwillige Leistungen unserer Stadt mussten in
den letzten Jahren zusammengestrichen werden. Die Konsequenz: Schon seit Jahren lebt die Stadt Coesfeld
von ihrer Substanz! Der Instandhaltungsstau, den Coesfeld vor
sich herschiebt (= unterbliebene Sanierungsmaßnahmen insbesondere
an Gebäuden, obwohl sie notwendig waren), beläuft sich auf
zuletzt geschätzte 8 Millionen Euro.
Ob die Zeiten, in denen die Steuereinnahmen sprudelten, jemals
zurückkommen, ist mehr als fraglich. Das Durchschnittsalter der
Bevölkerung wächst nach wie vor; immer mehr alte Menschen
stehen immer weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter
gegenüber. Aus den Bevölkerungsstatistiken wissen wir, dass
die Zahl der Kinder rapide abnimmt - so geht die Schulpolitik davon
aus, dass in den nächsten 10 Jahren die Zahl der Grundschulkinder
um etwa 20 % abnehmen wird! Mittelfristig
bedeutet das: Auch die Zahl der Erwerbstätigen - und damit der
Steuerzahler! - wird sinken.
Haushalt 2007 / Haushalt
2008:
So plant Coesfeld
Schon im Haushalt für das vergangene Jahr war zu
erkennen, dass die Stadt zu einem konsequenten Sparen nicht bereit ist.
Die Planungen starteten für das
Jahr 2007 mit Aufwendungen in Höhe von 57,7 Mio. € und
sollten Jahr für Jahr kontinuierlich bis auf 58,3 Mio. € im
Jahr 2010 steigen. Gleichzeitig ging man von kontinuierlich steigenden
Einnahmen aus. Der städtische "Verlust", der ursprünglich
für das Jahr 2007 in Höhe von 1,9 Mio. € vorgesehen war,
sollte sich spätestens im Jahr 2010 in ein positives Ergebnis
verwandeln.
Der Haushaltsplan für 2008
sieht demgegenüber wie folgt aus: Auch in diesem Jahr und in den
Folgejahren sollen die Aufwendungen kontinuierlich steigen. Doch nicht
nur das: Gegenüber den Planungen
für 2007 wurden die jährlichen Ansätze jeweils um einige
hunderttausend Euro erhöht (vgl. Schaubild).
Andererseits geht die Stadt von sehr
optimistischen Einnahmeerwartungen aus - und das, obwohl sie
erst im vergangenen Jahr einen derartig hohen "unerwarteten Einbruch"
der Gewerbesteuereinnahmen hinnehmen musste, dass der
Planansatz für die Einnahmen nachträglich von 56,7 Mio. € auf
53,4 Mio. €
heruntergeschraubt wurde . (Der städtische Verlust erhöhte
sich
entsprechend von erwarteten 1,9 Mio. € auf 5,3 Mio. €!) Doch dafür
sind die zukünftigen Einnahmeerwartungen nun umso optimistischer!
Während man noch vor einem Jahr davon ausging, dass im Jahr 2010
Einnahmen in Höhe von 59,7 Mio. € erzielt werden, erwartet man nun
60,6 Mio. € und für das Jahr 2011 sogar 62 Mio. € -
Einnahmesteigerungen, die in der Vergangenheit noch niemals erzielt
wurden!
Es ist zu befürchten, dass sich diese Praxis auch in Zukunft
fortsetzen wird. Die FDP geht jede
Wette ein, dass der Haushalt für das Jahr 2009 nochmal
erhöhte Ansätze für die städtischen Aufwendungen
enthalten wird!
Coesfeld muss sparen! Die
Forderungen der FDP
Es mag sein, dass sich aufgrund einer besseren wirtschaftlichen Lage
die Einnahmesituation zeitweise verbessern wird. Die FDP
befürchtet allerdings, dass die optimistischen
Einnahmeentwicklungen von CDU, SPD und Verwaltung nicht haltbar sind.
Was wir alle (!) jedoch besser einschätzen können, ist die Bevölkerungsentwicklung.
Längst ist klar und in zahlreichen Untersuchungen belegt, dass es
in Zukunft immer mehr alte Menschen geben wird, während
gleichtzeitig die Zahl der Kinder weiter abnimmt. Daraus folgt, dass es
immer weniger Menschen im
erwerbstätigen Alter geben wird, und das bedeutet: Es wird
- auch in Coesfeld! - immer weniger
Steuerzahler geben!
Wir müssen also beizeiten
unser Ausgabeverhalten ändern und zu sparen lernen!
Sparen nach der
"Rasenmähermethode"?
Unsere politische Aufgabe besteht darin, die Aufwendungen nicht weiter zu erhöhen,
sondern zu begrenzen. Die FDP hatte zu diesem Zweck die
Forderung aufgestellt, der Verwaltung einen jährlichen
"Sparauftrag" zu erteilen: Alle
Aufwendungen, die von der Stadt beeinflussbar sind, sollten Jahr
für Jahr um 4 % gesenkt werden.
Die übrigen politischen Gruppierungen hielten diesem Vorschlag
entgegen, es sei ein Sparvorschlag nach der "Rasenmähermethode".
Wir (die FDP) würden uns "um
konkrete Sparvorschläge drücken" (Originalton des
SPD-Fraktionsvorsitzenden Nielsen auf der Stadtratssitzung am
28.02.2008).
Doch einen anderen,
vernünftigeren Weg in Richtung sparen gibt es nicht! Jede
vernünftig rechnende Familie, der das Geld knapp wird, spart auf
diese Weise: Wo zuvor der Kühlschrank mit 250 Euro gefüllt
wurde, müssen künftig 240 Euro reichen. Wo zuvor jede Strecke
mit dem PKW zurückgelegt wurde, wird nun die eine oder andere
Kurzstrecke anders bewältigt, um Benzin zu sparen... Andererseits
wissen wir sehr wohl, dass nicht an jeder Ausgabe nach Belieben gespart
werden kann. Während in einer Familie die Miete oder
Versicherungsbeiträge nicht willkürlich gekürzt werden
können, hat auch die Stadt Coesfeld zahlreiche feste
Verpflichtungen (z.B. im
Bereich der Sozialhilfe).
Wenn sich dann herausstellen sollte, dass insgesamt dennoch nicht
möglich ist, genügend Einsparungen zu erzielen, muss der
nächste Schritt folgen: Verwaltung und Politik müssen dann das städtische
Leistungsangebot unserer Stadt unter die Lupe nehmen, um zu
entscheiden, welche Leistungen heruntergefahren oder gar ganz
gestrichen werden sollen ...
Aber: Wer sonst soll auf
vernünftige Weise Ersparnisse erwirtschaften, wenn nicht die
Menschen, die tagtäglich mit den Ressourcen der Stadt umgehen?
Die Mitarbeiter der Verwaltung wissen viel besser als jeder Politiker,
wo und wie in ihren Aufgabenbereichen Einsparungen möglich sind.
Die Politik kann nicht mehr tun, als die unumgänglichen Sparziele
festzusetzen! Deswegen ist der Vorschlag der FDP (4 % Ersparnisse bei
allen Aufwendungen, die von der Stadt Coesfeld beeinflussbar sind) der einzige vernünftige Sparvorschlag!
Herrn Bürgermeister
Öhmanns Sichtweise ...
Bürgermeister Heinz Öhmann wies den FDP-Vorwurf, die Stadt
besäße keinen Sparwillen, nachhaltig zurück. "Wenn wir Investitionen zurückhalten,
die wir eigentlichen machen würden, was ist denn das sonst?"
äußerte er auf der Ratssitzung vom 28.02.2008 (zitiert in
der AZ vom 29.02.2008). Auf jeden Fall ist es keine Ersparnis, Herr
Bürgermeister! Was Sie beschreiben, ist die Tatsache und das Eingeständnis, dass
Coesfeld nach wie vor von seiner Substanz lebt! Es geht
längst nicht mehr um Neuinvestitionen - die Zeiten voller Kassen
und gedankenloser Kreditaufnahmen sind längst vorbei. Was Sie,
lieber Herr Öhmann, hier "einsparen", sind dringende Ersatzinvestitionen! Auf
diesem Wege werden Sie den Instanthaltungsstau weiter
vergrößern und der kommenden Generation eine
herabgewirtschaftete Vermögenssubstanz vererben!
Coesfeld muss sparen - aber die
Stadtratsmehrheit (CDU, SPD, Grüne) sperrt sich. Aus diesem Grund
hatten wir keine andere Wahl, als den Haushalt für das Jahr 2008
abzulehnen!
Ihre
FDP-Fraktion im Coesfelder Stadtrat
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